Montag, 19. November 2007
Der Stehgeiger
Der Stehgeiger
Diese Spezies scheint längst ausgestorben zu sein.
Zumindest in Deutschland gibt es auch diese
Kaffeehäuser, oder schreibt man besser Cafehäuser,
nicht mehr oder zumindest sind diese viel zu selten.
Denn rund um Cafe mit Schlagobers (Sahnehäubchen)
war der Stehgeiger früher noch häufig anzufinden.
Mitten unter der meist reiferen Jugend im Cafe haben die Stehgeiger sich und ihre Musik zum Besten gegeben.
Manchmal untermalt oder begleitet vom Klavier,
oft aber auch alleine spielend, das war der typische Stehgeiger.
Der Stehgeiger war jedenfalls immer im Blick,
ganz im Blick und im Begehr der Damen,
die sich zur Musik eine schöne fette Torte „reingezogen“ haben.
Natürlich und extra: „aber bitte mit Sahne“,
doch immer mit fesselndem Blick auf den Stehgeiger gerichtet,
der so fließend neben dem Backwerk zum Lustwerk wurde.
Der Stehgeiger wurde von weiblichen Blicken
geradezu aufgesaugt, oder besser gesagt geradezu eingesaugt.
Der Stehgeiger weiß um das Schicksal der Damen natürlich Bescheid,
er stellt sich extra in Pose und bringt seine Fiedel zum singen,
er stellt sich gerade zu zur Verfügung, als Objekt der Begierde,
sein Geigenbogen dirigiert quasi die Herzen der Weiblichkeit,
und eine jede stimmt fast zwanghaft in den Chor der Sinnlichkeit mit ein.
Der Geiger genießt und lässt das seine Zuschauerinnen auch spüren,
er ist in diesem Moment ganz das Idol seiner Fangemeinde,
er ist eitel, so ein Stehgeiger, so was von eitel,
schwarzhaarig, grau eingestreut, Schnurrbart und gewienertes Schuhwerk, arrogant im Blick, fast schon hochnäsig,
er ist sich seiner Qualitäten durch und durch bewusst.
Obwohl die Spezies ausgestorben scheint,
konnte ich erst kürzlich wieder „Einen“ treffen.
Zufall oder reine Inszenierung - wie?
Woifi Kovacs, Geiger von der bekannten Bluegrassband
Farmer’s Breakfast hat sich bei seinen letzten CD Aufnahmen
als echter Stehgeiger geoutet.
Während alle Musiker, außer zwangsläufig Bassfarmer Franky, gemütlich am Stuhl klebten, hat sich der Woifi zwecks besserer musikalerischer Tiefe und Resonanz bei seinen Solis hingestellt.
Woifi ist förmlich herausgeragt aus der Bluegrasstruppe
und da konnte man es auf einmal entdecken,
diesen arroganten Blick, fast schon hochnäsig,
sich seiner Qualitäten voll und ganz bewusst,
wie bei diesen typischen Stehgeigern…
und da kam mir der einfache Gedanke,
daß es unter uns doch noch echte Steher, also echte Stehgeiger gibt,
man braucht gar nicht lange zu suchen,
schon ist er wieder da, der Typ Stehgeiger!
Wobei, bitte Vorsicht,
Woifi Kowacs, der Geiger von Farmer’s Bluegrassband,
ist zwar durchaus etwas eitel,
er ist aber statt einem Stehgeiger eher ein Teufelsgeiger,
nur so will er offiziell auch nicht genannt werden.
Vielleicht weil er neben seiner Geige auch noch perfekt Mandoline spielt?
Jedenfalls steckt eine Art Teufel in ihm, spätestens dann,
wenn das ganze Publikum nach Woifi’s
erstklassig gefiedeltem Orange Blossom Spezial ruft!
Samstag, 10. November 2007
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